Denkerei (Büro)
An der Rehwiese 2
14129 Berlin
Telefon (030) 61671001
info@denkerei-berlin.de

Zur Liste

Veranstaltung: Imaging Science Symposium zur Formwerdung & Formgebung

25.–26.1.2013, Berlin, Denkerei

Formen dienen seit jeher als universelle Träger und Ausdruck von Informationen – wie Bewegungen, Klangformen, Laute, Sprache, Zeichen, Schrift und Geschichte(n), Bilder und Ikonen. Das Symposium wird diese kulturgeschichtlich vertrauten Formen verwenden, um die Prozesse der genetischen, molekularen, evolutiven, neuronalen und kosmischen Formwerdungen zu untersuchen. Wie lassen sich Wirkprinzipien so formulieren, dass sie für die verschiedensten Disziplinen anschlussfähig sind?


Freitag, 25.01.2013

17 Uhr Einführung

17: 30 Uhr - Panel I

Roland Brock (Nijmegen/NL): Formwerdung – vom Molekül zum Organismus

Die Form und die Formbarheit der Materie hat ihren Ursprung in den atomaren Eigenschaften der Atome, aus denen sie besteht. In diesem Beitrag werden daher ausgehend von den Eigenschaften der Atome und der Atombindung in Molekülen zunächst Prinzipien der biomolekularen Formwerdung skizziert. In lebenden Organismen folgen die subzelluläre und zelluläre Ebene und schließlich die vielzellige Organisation in spezialisierte Gewebe und Organe. Im Übergang zwischen jeder Ebene stellt sich die Frage, inwiefern sich die formgebenden Eigenschaften der nächst komplexeren Ebene zwingend aus denjenigen der darunterliegenden ergeben. Dabei soll auch gezeigt werden, dass die Suche nach diesen komplexitätsübergreifenden Zusammenhängen keinesfalls eine akademische Übung ist: Aus dem Verständnis molekularer Strukturprinzipien resultiert für den Chemiker die Befähigung Moleküle nach Plan zu entwerfen und zu synthetisieren, die z. B. als neue Medikamente wirksam sind. In der Biologie strebt die Forschungsrichtung des „Synthetic Life“ nach der Erschaffung zunehmend komplexer, biomimetischer Systeme, die sich „bottom-up“ aus dem Verständnis der molekularen Gesetzmäßigkeiten ihrer Bestandteile und der Befähigung, sich zu komplexeren Systemen zusammenzulagern, ergeben.

Prof. Dr. rer. nat. Roland Brock hat an der Universität Tübingen und an der University of North Carolina in Chapel Hill Biochemie studiert und 1999 seine Promotion am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen abgeschlossen. Anschließend war er in Tübingen Leiter einer unabhängigen Nachwuchsgruppe. Seit 2006 hat er den Lehrstuhl für Biochemie an der Universitätsklinik der Radboud Universität Nijmegen in den Niederlanden inne.
Forschungsschwerpunkte sind molekulare Mechanismen mit denen Peptide in Zellen aufgenommen werden sowie Mechanismen der Signalverarbeitung in Zellen; hierbei sind Mikroskopietechniken von zentraler Bedeutung.
In seinen Arbeiten ist Prof. Brock sowohl mit Formwerdung als auch mit Formgebung vielfältig in Kontakt gekommen. Zu nennen sind die Analyse von Molekülstrukturen in der Immunerkennung wie auch die Steuerung von Zellform im Kontakt mit synthetischen Mikrostrukturen.
Zur Problematik der Bildgebungsverfahren: Brock, R., (1995), Realität durch Visualisierung oder visualisierte Realität - Die Darstellung von Molekülstrukturen. In: Platons Höhle - Das Museum und die elektronischen Medien, M. Fehr, C. Krümmel, M. Müller, eds., Wienand Verlag Köln erschienen.

Hans Meinhardt (Tübingen): Strukturbildung in der Biologie – Von der Zelle zum Organismus

Das Leben eines vielzelligen Organismus beginnt in der Regel mit einer einzigen Zelle, der befruchteten Ei-Zelle. Die Ähnlichkeit eineiiger Zwillinge zeigt, wie strickt die fertige Struktur in den Genen kodiert ist. Der Hinweis auf die Gene löst jedoch nicht die Frage, wie diese Strukturbildung erreicht wird, denn in der Regel besitzt jede Zelle die gleiche genetische Information. Aus vielen Experimenten hat man gelernt, daß eine Kommunikation zwischen den Zellen stattfinden muß, die es den Zellen ermöglicht, an bestimmten Stellen die korrekte genetische Information abzurufen, so daß Kopf, Schwanz, Arme usw. an der richtigen Stelle gebildet werden können. Mit Hilfe von mathematisch formulierten Modellen und darauf basierenden Computer-Simulationen konnten wir viele Elemente dieser Kommunikation aufklären. Dabei spielen Prozesse eine entscheidende Rolle, bei denen eine lokale Selbstverstärkung mit einer lang-reichweitigen Hemmung gekoppelt ist. Durch diese Wechselwirkung können aus anfänglich strukturlosen Zuständen strukturierte Gebilde entstehen. Diese Strukturbildungsprozesse sollen im Vortrag verständlich gemacht werden. Es wird auch gezeigt werden, daß viele Strukturbildungs-Prozesse in der unbelebten Natur auf dem gleichen Prinzip beruhen, z. B. in der Bildung von Wolken und Sanddünen, aber auch in sozialen Wechselwirkungen, die z. B. zu lokalen Machtzentren führen.

Hans Meinhardt, Jahrgang 1938, studierte in Physik in Köln und Heidelberg. Nach seiner Promotion ging er für zwei Jahre an das Europäische Hochenergie-Labor CERN in Genf. Danach kam ein Wechsel zu biologischen Fragestellungen. Zusammen mit Alfred Gierer entwickelte er am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen Modelle zur biologischen Musterbildung. Viele dieser Modelle machten konkrete Voraussagen, die durch jüngere molekular-genetische Untersuchung bestätigt wurden.
Weiterführende Literatur kann unter http://www.eb.tuebingen.mpg.de/meinhardt
gefunden werden. Ein Buch über die Pigmentmuster auf tropischen Meeresschnecken gibt eine allgemeinverständliche Einführung in die biologische Musterbildung. Der Titel: „The Algorithmic Beauty of Sea Shells“. Das Buch enthält auch Programme, die auf jedem PC lauffähig sind. (Die deutsche Ausgabe „Wie Schnecken sich in Schale werfen“ ist nur noch antiquarisch zu bekommen).

Gerhard Scholtz (Berlin): Genese und Genealogie: Die Besonderheiten biologischen Formwandels

Die Welt ist voller Formen, Muster und Strukturen. Dies gilt für die unbelebte und belebte Natur wie für die menschliche Kultur. Die meisten dieser Formen unterliegen einem Wandel. Abiotischer Formwandel wie beispielsweise bei Kristallen, Wolken oder Gebirgen folgt dabei physikochemischen Naturgesetzen und zufälligen Randbedingungen. Im Gegensatz dazu ist organismischer Formwandel zusätzlich und maßgeblich durch die genealogische Komponente bedingt, d.h. evolutive Transformation vollzieht sich auf der Basis genealogisch übermittelter Strukturen. Da sich die durch zufällige Mutationen veränderten organismischen Formen in der Außenwelt bewähren müssen, entsteht eine Wechselbeziehung zwischen beiden Ebenen. Der Zufall spielt zwar eine große Rolle, diese ist aber anders geartet als beim Formwandel in der unbelebten Natur. Zusätzlich zeigen Organismen mit der individuellen Genese von Form (Ontogenese) einen weiteren Transformationsprozess, der eng und auf komplexe Weise mit dem evolutiven Formwandel verschränkt ist. Damit ist auch der ontogenetische Formwandel nicht allein mit physikochemischen Gesetzmäßigkeiten erklärbar.
Die Verschränkung von Genese und Genealogie hebt den Formwandel der belebten Natur deutlich von ähnlichen abiotischen Prozessen ab. Inwieweit das Verständnis biologischer Transformationsprozesse bei der Interpretation kulturellen Formwandels helfen kann, bleibt zu klären.

Prof. Dr. rer. nat. Gerhard Scholtz hat an der Freien Universität Berlin und an der Universität Bremen Biologie mit dem Schwerpunkt Zoologie studiert. Nach seiner Promotion in Bremen ging er als Hochschulassistent wieder an die Freie Universität und war im Rahmen von Gastprofessuren für an der University of New South Wales in Sydney und der University of Canterbury in Christchurch tätig. Seit 1995 ist er Professor für Vergleichende Zoologie und Leiter der Zoologischen Lehrsammlung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Im Jahre 2011 wurde er mit dem „The Crustacean Society Excellence in Research Award” geehrt. Er ist am interdisziplinären Exzellenzcluster „Bild Wissen Gestaltung“ an der Humboldt-Universität beteiligt.
Der Forschungsschwerpunkt von Gerhard Scholtz liegt an der Schnittstelle von Ontogenie und, Phylogenie der Gliederfüßer (Arthropoda) und der Evolution vielzelliger Tiere (Metazoa) allgemein. Sein theoretisches Interesse gilt dabei Fragen der Morphologie, dem Zusammenhang von ontogenetischem und evolutivem Formwandel, und der vergleichenden Methode (Homologieforschung).
Zum Thema des Symposiums in der Denkerei hat er u.a. folgende Artikel publiziert: Homology and ontogeny: Pattern and process in comparative developmental biology (Theory in Biosciences 2005), Deconstructing Morphology (Acta Zoologica 2010), Versuch einer analytischen Morphologie (Bildwelten des Wissens 2013, im Druck) und das Buch Evolutionary Developmental Biology of Crustacea (2004) herausgegeben.

Samstag, 26.01.2013

13 Uhr - Panel II

Martin Schöne (Berlin): Formen neuronaler Aktivierung und der frühen Identitätsbildung

Betrachtung zur Bedeutung von Form und vergleichende Darstellung der Form von Gehirnaktivität mit dem frühkindlichen zeichnerischen Ausdruck und der körperlichen Identitätsbildung.

Kann man Prozesse der Formwerdung beschreiben, die auf jeder Ebene gleichermaßen wirken?
Phänomenologisch entsteht jede Ebene aus den vielfältigen Wechselwirkungen zwischen den „Formen“ der Ebene darunter und ist daher als komplexer Resonanzprozess gut zu beschreiben.
Well…come 21 untersucht formhafte Resonanzprozesse seit 2004 am Beispiel von Gehirnaktivität mit einem neuen bildgebenden Verfahren. Die Bedingungen und Eigenschaften dieser neuronalen Resonanzmuster werden grundlegend anhand von Form-Analysen beschrieben. Diese Resonanzprozesse können, -am Gehirn ist es offensichtlich-, aus den einfachsten Einheiten (Aktionspotential und Hemmung) eine unfassbare Vielfalt an Schöpfung hervorbringen, wie Kunst, Literatur, Musik, aber auch Splittergranaten.

Definition von Resonanz & Form sowie Diskussion von Resonanz als Strukturlogik, Organisations-, Kommunikations- und Steuerungsfunktion an Beispielen. Dabei wird das bildgebenden Verfahren Neuroresograph vorgestellt und Filme von Gehirnaktivität gezeigt (Brain-Avatar)*.
Die gefundenen Meta-Formen der Gehirnaktivität werden in einen Vergleich mit dem ersten zeichnerischen Ausdruck des Kleinkinds gestellt (interkulturelle Sammlungen von Arno Stein u.a.). Diese Zeichnungen werden weiterhin verglichen mit den Bewegungs-Formen der frühen körperlichen Identitätsbildung (Selbstwahrnehmung). Die Erfahrungen des Körpers und seine Bewegungen sind nichts anderes als die Erfahrung von einfacher Form („Schema“, lt. Piaget), die durch Resonanzprozesse in sehr komplexe Meta-Form gebracht werden [vom Greifen zum Brot schmieren].
Form ist so Ausgangspunkt unserer Identität und entwickelt sich an der Erfahrung von äußeren Formen weiter (Umwelt, Verhalten der Eltern), die Auslöser sind, uns innerlich und äußerlich bewegen, um innere Formen (Vorstellungen, Erinnerungen) zu entwickeln (Kreislauf des informellen Lernens). Ein kontinuierlicher Resonanzprozess der (noch) fremden Formen mit den eigenen Formen.

*[Videos Brain-Avatar: Vergleich von vier Personen/Zuständen, Formen der Resonanz, Validierung, Wirkung auf den Menschen (Feedback), Entspannungszustände, Informelle Zustände des Kleinkindes (Studien Pre5-9, www.wellcome21.de) sowie Fotos: frühkindlicher zeichnerischer Ausdruck]

MBA, Dipl. Art Martin Schöne hat an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe Medientheorie und Philosophie studiert sowie Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (HBK), wo er 2006 sein Diplom (Filmklasse) und 2007 als Meisterschüler von Prof. Ulrich Eller (Klangkunst) absolvierte. 2006-2008 war er Stipendiat im Künstlerhaus Meinersen und arbeitete 2007-2008 als Forschungsassistent an der HBK. Aktuell promoviert er bei Prof. Bazon Brock.
Martin Schöne ist Initiator des Forschungsprojektes Well…come 21, das seit 2002 die Prozesse der Gehirnaktivität in verschiedensten Zuständen betrachtet. Durch die Erfindung des Brain-Avatars (2004/2012), einem neuen bildgebenden Verfahren für Gehirnaktivität, können diese Prozesse auf ihre Formen und Metastrukturen (Muster) erforscht werden. Forschungsschwerpunkte sind Entspannungszustände, informelles Lernen (Kita, Schule) und die Entschlüsselung von Synchronisation.
Veranstaltungen/Ausstellungen/Publikationen unter: http://www.global-brain-sounds.info/?p=1578

Axel Buether (Wuppertal): Von den Formen der Wahrnehmung zur Sprache der Formen

Der Formbegriff kennzeichnet den Prozess der multisensualen Auseinandersetzung des Menschen mit den materiellen und energetischen Strukturen der Umwelt, durch den die eigene Existenz Gestalt annimmt, Charakter, Ansehen und Wertung erhält sowie Bild, Entwurf, Zahl, Geometrie, Modell und Vorstellung wird. Diese aus dem lateinischen abgeleitete Bedeutungsvielfalt des Formbegriffes existiert bis heute im Sprachgebrauch, obgleich das Verständnis von der Verwendungssituation bestimmt wird. In den wir etwas leiblich an uns Nehmen, es Fassen, Greifen, vor uns Legen oder Stellen, bilden wir uns eine Vorstellung von der Dinglichkeit unserer Existenz, wodurch wir unserem unreflektierten Sein einen konkreten Daseinscharakter zuschreiben. Über die Explikation der multisensualen Erfahrungen des Nehmens bildet sich die Anschauung der Form im Gedächtnis des Betrachters, das Bild des Dinges, was den Erkenntnisprozess des (Wahr)nehmens, des (Er)fassens, (Be)greifens, (Über)legens und (Vor)stellens einleitet. Das Sein gelangt über die Formung unserer Wahrnehmungen zum Bewusstsein, weshalb die Formbildung innerhalb der synaptischen Struktur unseres Gehirns einen Lernprozess kennzeichnet, der sich analog zur Formensprache der Umwelt herausbildet und stetig transformiert. Die Formen unserer Wahrnehmung wechseln mit der Spezifik der Sinnessysteme, über die wir uns das Informationspotenzial der Umwelt dennoch ganzheitlich erschließen. Wir leben nicht in verschiedenen Sinnesräumen, da sich in unserem Gehirn zeitlebens eine anschauliche Metarepräsentation aller Sinneserfahrungen und Erkenntnisprozesse bildet, die nach dem selbstorganisierenden Formprinzip größtmöglicher Widerspruchsfreiheit organisiert ist. Dieser Formbildungsprozess wird am Beispiel von Erblindeten, an Menschen, die nach Augenoperation mit dem Sehenlernen beginnen konnten, wie auch an den Folgen von Gehirnläsionen aufgezeigt und diskutiert.

Axel Buether begann seinen Bildungsweg als Steinmetz und freier Bildhauer. Er arbeitet, lehrt und lernt als Architekt, Designer, Künstler, Wissenschaftler, Hochschullehrer und Forscher. Promovierte im Grenzbereich von Neuropsychologie und Gestaltung zum Thema „Semiotik des Anschauungsraums – Die Bildung der räumlich-visuellen Kompetenz“. Vorsitzender des „Deutschen Farbenzentrums e. V. – Zentralinstitut für Farbe in Wissenschaft und Kunst“. Als Experte für „Visuelle Bildung, Medien und Kommunikation“ über Vorträge, Publikationen, Radio und Fernsehen präsent. Professor an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle für gestalterisch-künstlerische Grundlagen im Bereich „Farbe Licht Raum“, Ruf an die Hochschule Hannover für das Lehrgebiet „Kreativität und Wahrnehmungspsychologie“. Professor an der Bergischen Universität Wuppertal für das Lehr- und Forschungsgebiet „Didaktik der Visuellen Kommunikation“. Mehr: www.axelbuether.de

Thomas Görnitz (Frankfurt): Formwerdung – vom Kosmos zum Leben

Die Voraussetzung dafür, dass wir von Formen sprechen können, besteht in der Möglichkeit, eine Unterscheidung von Vordergrund und Hintergrund treffen zu können.
Die kosmische Entwicklung beginnt mit einem Zustand, in dem sich eine solche Unterscheidungsmöglichkeit erst herausbilden muss. Im Laufe dieser Entwicklung formen sich dann riesige schwarze Löcher und um diese herum Galaxien mit Sternen. In den Sternen werden die chemischen Elemente des Periodensystems bis zum Eisen erzeugt. Große Sterne können danach als Supernovae explodieren. In diesen Explosionen entstehen die schweren Elemente des Periodensystems. Danach können sich auch Sterne mit Planeten entwickeln. Planeten existieren in einem ständigen Strom von Energie, die von der Muttersonne kommt und ins All entflieht. Dies ermöglicht auf günstig gelegenen Planeten dem Fortbestand von Lebewesen und damit der vielgestaltigsten Formen, die es im Kosmos gibt.

Prof. Dr. Thomas Görnitz studierte Physik und Mathematik in Leipzig und promovierte dort in
Mathematischer Physik. 1979 Ausreise aus der DDR und Tätigkeit am Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg als persönlicher
Mitarbeiter Carl Friedrich v. Weizsäckers und mit ihm für zwei Jahrzehnte Arbeit über Grundlagenfragen der Quantentheorie und Kosmologie. Danach am Institut für mathematische Physik der TU Braunschweig und Professur für Didaktik der Physik an der J. W. Goethe-Universität in Frankfurt/M. Er ist Vorstandsvorsitzender von "Wissen und Verantwortung - Carl Friedrich v. Weizsäcker-Gesellschaft" und Mitglied des Arbeitskreises Philosophie und des Fachverbandes Gravitation und Relativitätstheorie
der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
Görnitz erhielt den "Michael-und-Bizerka-Baum-Preis für physikalische Grundlagenforschung" (Frankfurt) und den "Theophrastus Wissenschaftspreis Ganzheitliche Medizin" (mit Brigitte Görnitz). Seine Forschungsschwerpunkte sind Grundfragen der Quantentheorie und Kosmologie und deren philosophische Interpretation und didaktische Vermittlung sowie die Protyposis (abstrakte Quanteninformation) als Basis der kosmischen Evolution und des Bewusstseins und der Einheit von Leib und Seele.
Monographien: Quanten sind anders (1999, TB 2006), Carl Friedrich v. Weizsäcker (2012); mit Brigitte G.: Der kreative Kosmos (2002, TB 2006), Die Evolution des Geistigen (2008)

17 Uhr - Panel III

Harry Lehmann (Berlin): Ästhetische Formbildung und die Eigenwerte der Wahrnehmung & Leah Muir (Berlin): "Paganinis Streichquartett für Bernhard Lang", ePlayer-Installation (2012)

„Form“ war seit jeher eine zentrale ästhetische Kategorie. Erst mit der ästhetischen Moderne, die sich im 19. Jahrhundert auszubreiten begann, wandten sich die Künstler, Komponisten und Dichter verstärkt den amorphen Phänomenen wie dem Erhabenen, Ereignishaften und Ambivalenten zu. Dieser Verzicht auf Formbildung in den modernen Künsten bedeutet allerdings nicht, dass sich damit eine antiästhetische Kunst ausgebildet hat, sondern es handelte sich hier nur um eine Zurückweisung und Entgrenzung der traditionellen Ästhetik des Schönen.
In meinem Vortrag möchte ich eine Theorie der ästhetischen Wahrnehmung vorstellen, welche sowohl die Formbildung als auch die Negation von Formbildungsprozessen als komplementäre ästhetische Strategien rekonstruiert, die in der evolutionären Funktion von Wahrnehmungsapparaten begründet sind. Die These ist, dass es vier Eigenwerte der Wahrnehmung gibt: Schönheit, Erhabenheit, Ereignis und Ambivalenz.

Harry Lehmann studierte Physik an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg. Nach dem Abschluss als Diplomphysiker und einem Philosophiestudium in Berlin promovierte er 2003 an der Universität Potsdam mit einer Arbeit zur systemtheoretischen Ästhetik. Schreibt seitdem Essays, Kritiken und Katalogtexte über zeitgenössische Kunst, Literatur und Neue Musik. Lehrte als DAAD-Dozent für Philosophie in St. Petersburg, war Stipendiat der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart, Ehrengast der Villa Massimo in Rom, sowie Fellow in Residence am Kolleg Friedrich Nietzsche in Weimar.
Publikationen:
• Die digitale Revolution der Musik. Eine Musikphilosophie, Mainz: Schott 2012.
• Autonome Kunstkritik (Hg.), Berlin: Kulturverlag Kadmos 2012.
• Kreidler/Lehmann/Mahnkopf: Musik Ästhetik Digitalisierung – Eine Kontroverse, Hofheim: Wolke 2010.
• Die flüchtige Wahrheit der Kunst. Ästhetik nach Luhmann, München: W. Fink 2006.
Website: http://www.harrylehmann.net/texte/www.harrylehmann.net/texte/

Bazon Brock (Wuppertal/Berlin): Formbildungsprozesse nach Vorgaben der Kunstwissenschaft

"Daß der Wille zur Form unsere Definition für Kunst ist, brauche ich wohl kaum zu sagen. Kunst ist niemals etwas anderes als Wille zur Form. Aber etwas anderes ist nötiger zu sagen: Kunst als Wille zur Form ist nur ganz selten da; nur dann, wenn eine neue Zeit reif ist, geformt zu werden, Form zu werden."
Franz Marc

„Crick und Watson klären 1953 die Struktur der DNA anhand von Form-Experimenten. Das war das große Erweckungserlebnis: von da an ist alle Wissenschaft bildend, es ist nicht mehr die Bildende Kunst, sondern die Bildende Wissenschaft, alle Wissenschaftler müssen bilden und alles künstlerisches Tun ist erkennen. Denn, wenn die Hand etwas macht, also bildet, dann liegt in dem Manipulieren mit der Hand im Greifen der Dinge auch schon der Begriff, den ich dann nur noch elaborieren muss, um zu kapieren, was ich da gemacht habe. Also ist das Greifen und das Begreifen eine Einheit.“
Bazon Brock vor dem Werk “Raumplastik”(1951) von Norbert Kricke.